Die medizinische Fachzeitschrift NATURMED PRAXIS mit Schwerpunkt Naturheilkunde und Naturmedizin bereitet für die ärztliche Praxis wissenschaftliche Studien und Reviews auf. Die Chefredakteurin Elisa Gebhardt interviewte mich zu einigen Themen meines Buches „Nährstoff-Therapie. Orthomolekulare Medizin & Bioidentische Hormone“, das dieses Jahr im Trias Verlag (Thieme-Gruppe) erschienen ist. Das Interview ist nun in der letzten Oktober-Ausgabe (5/2022) erschienen.
Nährstoff- und Hormonwissenschaften in Lehre und Leitlinien
Im Interview hebe ich hervor, wie wichtig es ist, dass mehr über Nährstoffe und körpereigene bzw. bioidentische Hormone geforscht wird. Es sollten die Studiengänge „Nährstoff- und Hormonwissenschaften“ eingerichtet werden, analog zu Sport- und Ernährungswissenschaften oder auch Nährstoff- und Hormonmedizin, analog zu Sport- und Ernährungsmedizin. Die systematische medizinische Anwendung von Nährstoffen und körpereigenen Hormonen nach eingehender funktioneller Labordiagnostik sollte universitär gelehrt werden und vor allem auch in der internistischen Facharztausbildung ein eigenes Thema sein. Nur so würden Ärztinnen und Ärzte die Nährstoff- und Hormon-Diagnostik und -Therapie richtig lernen, um dies dann in den Praxen und den Krankenhäusern wirksam kurativ und präventiv anwenden zu können. Wenn der Nutzen einer Nährstoff- und Hormontherapie wissenschaftlich besser belegt ist, dann kann dieses Wissen auch endlich in die medizinischen Leitlinien einfließen und ins Kassensystem aufgenommen werden.
Das ist jetzt alles noch nicht der Fall, weshalb eine große Unsicherheit innerhalb der Ärzte- und Patientenschaft besteht. Zum einen, weil die Ärztinnen und Ärzte das erforderliche Wissen um den richtigen Einsatz von Nährstoffen und Hormonen (noch) nicht haben und zum anderen, weil die meisten – Behandelnde, Behandelte und auch die Medien – zunehmend dem Trugschluss verfallen, dass nur die per Leitlinien und vom Kassensystem vorgesehene Medizin, die „richtige“ Medizin sei.
Aber das war niemals so und das ist auch heute nicht so. Leitlinien dienen der Orientierung, der sozialen Gerechtigkeit, der juristischen Absicherung und allen voran der Wirtschaftlichkeit! Leitlinien sind nützlich, um zu planen und Kosten zu erstatten, aber sie sind nicht immer das Beste im Einzelfall und oft gibt es auch nicht für jeden Einzelfall die passende Studie und dann muss ja ärztlich trotzdem geholfen werden.
Bewahrung und Wiederherstellung von Funktion und Gesundheit
Ein großer Gesundheitscheck und ein großes Blutbild sind schön und gut, aber hierbei handelt es sich lediglich um eine Ausschlussdiagnostik von schwerer Krankheit: Du bist nicht totkrank – also bist du o.k. Nach diesem Motto wird heute in den Praxen und Kliniken oft gehandelt, meist auch, weil das System nicht mehr bezahlt und niemand mehr Zeit hat, darüber hinaus zu nachzudenken, zu handeln und zu fragen … Das ist zwar besser als nichts und zunächst eine erleichternde Diagnose für die Betroffenen, aber der Status der Stoffwechsel-Gesundheit lässt sich auf diese Weise nicht diagnostizieren. Zelluläre Fehlfunktionen, Nährstoffmängel, hormonelle Störungen, Umweltbelastungen und auch bestimmte Krankheiten, vor allem im Frühstadium, wenn man sie vielleicht noch abwenden könnte, lassen sich so nicht erkennen.
Der Ort des Geschehens ist unser Stoffwechsel
Um uns Ärztinnen und Ärzten im Körper einen Ort zu geben, wo Nährstoff- und Hormontherapie wirkt und ansetzt, habe ich in meinem Buch den Begriff „Individuelle Biochemische Stoffwechsel-Empfindlichkeit“ (IBSE) geprägt, weil das gut zu dem Befinden passt, über das meine Patientinnen und Patienten immer in der Sprechstunde berichten: Der Schlaf sei so empfindlich, die Blase sei zu empfindlich, man verträgt die Nahrung nicht mehr, man sei zu stressempfindlich und Stress bereite sofort körperliche Symptome u.v.a.m. „Empfindlichkeit“ fand ich einen guten Begriff, um dem Ausdruck zu verleihen, was die Betroffenen als Beschwerden fühlen. Diese Individuelle Biochemische Stoffwechsel-Empfindlichkeit, die soll verbessert werden – hin zu mehr Robustheit Stress und Alterung gegenüber. Wie geht das?
Man muss sich vorstellen, dass es auch bei den Laborwerten so etwas, wie ein Zahlenbild der Gesundheit gibt, denn wenn es Zahlen gibt, die für Krankheiten stehen, dann gilt das auch umgekehrt. Um dieses Zahlenbild der Gesundheit wieder herzustellen, behandele ich den Stoffwechsel und seine Zellen mit den Stoffen, die der Körper biochemisch kennt und selbst benutzen würde, wenn er sie denn hätte. Ziel ist es, diese individuelle Stoffwechsel-Empfindlichkeit biochemisch mit Nährstoff- und Hormontherapie – über ein gesundes Verhalten hinaus – so zu modulieren, dass sie stabiler auf die verschiedenen Einflüsse (Stress, Umweltgifte, Viren etc.) reagieren kann. Damit wird beispielsweise der Schlaf besser, die Infekte werden weniger und der Körper funktioniert insgesamt einfach wieder besser. Vor allem für noch gesunde Frauen, die vor und in den Wechseljahren merken, dass der Körper – trotz gesundem Verhalten – nicht mehr so antwortet wie früher, ist diese Herangehensweise sehr interessant. Aber auch Menschen, die schon chronisch krank sind (mit z. B. beginnender Osteoporose und Arteriosklerose) können von einer Nährstoff- und Hormontherapie profitieren.
Medikamente können Nährstoffmängel verursachen
Ganz wichtig ist zu wissen, dass viele gute, wichtige und oft eingesetzte pharmakologische Medikamente entweder einen negativen Einfluss auf unseren Nährstoffhaushalt haben (Statine senken beispielsweise die körpereigene Q10-Bildung) oder auch bei bestimmten Nährstoffmängeln einfach nicht gut wirken (L-Thyroxin wirkt nicht ohne intrazelluläres Selen). In diesen Fällen sollten die fehlenden Nährstoffe passend zum individuellen Nährstoffspiegel, dem Medikament und seiner Dosis unbedingt substituiert werden. Damit kann man viele Nebenwirkungen abschwächen oder sogar verhindern und die Medikamente werden besser vertragen.
Und wenn die Ärztinnen und Ärzte das Wissen um den Nutzen von Nährstoffen und Hormonen, besser verstehen und anwenden könnten, würden auch nicht mehr diese unsinnigen Studien entstehen, bei denen nicht näher untersuchten Probanden allesamt die gleichen, meist viel zu geringen Pauschaldosierungen von einzelnen Nährstoffen gegeben werden. Solche Studien spiegeln die Realität der orthomolekularen Therapie nicht wider, denn hier wird individuell eher hochdosiert mit Gruppen von Nährstoffen gearbeitet. Insofern kann in solchen Studien, wo nicht gemessen wird, welchen Spiegel man mit dem Nährstoff erzeugt, nichts Vernünftiges bei herauskommen. Leider wird dann dieses therapeutische Versagen pauschal in den Medien negativ kommuniziert.
Diese und andere Aspekte stelle ich in dem Interview dar und gehe auch noch einmal auf die wichtigsten Stoffe ein, mit denen jeder und jede beginnen sollte/könnte.
Das vollständige Interview können Sie > hier nachlesen.
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