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Schilddrüsenerschöpfung – gibt es das?

Schilddrüsenerschöpfung – gibt es das? Posted on 14. März 2019

Die Schilddrüse ist in aller Munde. Alle haben schon von ihr gehört, aber was macht die Schilddrüse eigentlich und wo „sitzt“ sie? Die Schilddrüse besteht aus einem kleinen Stückchen Fleisch, sieht aus wie ein kleiner Schmetterling, sitzt vorne an unserem Hals, mit einem Flügel rechts und einem links von unserem Kehlkopf. Sie produziert, wie alle Drüsen Hormone, die Schilddrüsenhormone. Wenn die Schilddrüse normalgroß ist oder sogar eher klein fällt sie nicht auf und ist für den Laien nicht wirklich zu fühlen. Nur wenn sie deutlich vergrößert ist, mit vielen Knoten, dann fällt auf, dass der Hals von vorne dick aussieht.
Sind Schilddrüsenhormone wichtig? Ja, das sind sie. Schilddrüsenhormone beeinflussen, steuern, regulieren und aktivieren in einem hohen Maße viele sehr wichtige Stoffwechselfunktionen in vielen unserer Organsystemen. Zellen in Haut, Muskel, Gehirn, Drüsen, Herz und Leber – um die wichtigsten zu nennen – sind in ihrem Funktionieren abhängig von dem Vorhandensein von genügend Schilddrüsenhormonen.

Natürlich kann die Schilddrüse, wie alle Organsysteme in unserem Körper von Krankheiten betroffen sein, aber ich will in diesem Blog nicht über die verschiedenen klassischen Krankheiten der Schilddrüse schreiben, denn darüber gibt es schon so viel zu lesen. Ich möchte auf etwas anderes hinweisen: Unsere Schilddrüse kann auch ohne richtige objektive Krankheit, so etwas wie müde, erschöpft und „alle“ sein. Das bedeutet, dass, obwohl ihre Form, z. B. in der Sonographie (Ultraschall) unauffällig ist, der Wert für das schilddrüsenregulierende TSH aus der Hypophyse im Referenzbereich liegt und die Werte für die freien Schilddrüsenhormone fT3 und fT4 im Blut noch in der unteren Norm sind, trotzdem die Funktion der Schilddrüse relativ zu schwach sein kann, den Körper-Stoffwechsel in bestimmten Lebensphasen mit einer optimalen Menge von Schilddrüsenhormonen zu versorgen. Die Gründe hierfür sind unterschiedlich und oft auch nicht zu erklären. Manche Drüsen, wie die Ovarien (Eierstöcke) sind „natürlich“ bei den Frauen um die 50 erschöpft. Das heißt dann Wechseljahre. Bei der Schilddrüse gibt es keine Wechseljahre, aber es gibt Zeiten, wo eine gute Schilddrüsenfunktion spürbar wichtig ist, wie die Pubertät, die Schwangerschaft, die Wechseljahre, aber auch im Sport und in Stresszeiten, haben es diejenigen mit einer guten Schilddrüsenfunktion einfach leichter, gut zu funktionieren.

Bestes Beispiel für die lebenswichtige Bedeutung einer „satten“ Schilddrüsenfunktion ist der unerfüllte Kinderwunsch. Viele Faktoren spielen hier eine Rolle. Trotzdem kann ein „µ“ an zu wenig Schilddrüsenhormon entscheiden, über schwanger werden ja oder nein, wie auch die Schwangerschaft bis zum Ende ohne Probleme austragen können ja oder nein. Die Fertilisationsmediziner wissen um diese entscheidende Bedeutung der Schilddrüsenfunktion für einen optimalen Zyklus mit Eisprung und einen optimalen Verlauf der Schwangerschaft bei der Frau, deswegen streben sie bei den Frauen mit Schilddrüsenunterfunktion, bei der Einstellung, wenn möglich immer ein eher niedriges TSH von 0,5 an. TSH ist kein Schilddrüsenhormon, es ist das Hormon (Thyreoidea Stimulating Hormon), das von der Hypophyse ausgeschüttet wird, um die Schilddrüse positiv zu stimulieren, mehr Schilddrüsenhormone T3 und T4 herzustellen. Je niedriger das TSH, desto mehr kann man davon ausgehen, vorausgesetzt die Hypophyse ist nicht „müde“, dass der Körper mit Schilddrüsenhormonen gut versorgt ist. Man gibt also den Frauen unabhängig von ihrem Befinden so viel Schilddrüsenhormone (meist in Form von L-Thyroxin = T4) bis das TSH runter geht auf Werte von 0,5 µIU/ml, wenn die Frauen dies ohne Symptome von innerer Unruhe oder Schlafstörungen vertragen. Das ist interessant und zeigt, dass entscheidende, für das Leben lebensnotwendige Funktionen (hier die Fortpflanzung) davon abhängig sind, wie gut der Körper und seine Zellen (hier u. a. die Ovarien, aber auch Gehirn und die Hypophyse) mit Schilddrüsenhormonen versorgt sind.

Bitte liebe Leserinnen und Leser, diese Informationen gebe ich nicht, damit alle, die sich schon lange „nicht so gut fühlen“, sofort anfangen, so viel Schilddrüsenhormon zu nehmen, bis das TSH ganz niedrig ist, das ist je nach Alter und Krankheiten sogar gefährlich. Ältere Menschen mit Herzinsuffizienz sollten beispielsweise eher bei einem höheren TSH eingestellt bleiben, weil hier bei zu strammer Einstellung mit Schilddrüsenhormonen die Gefahr von Herzrhythmusstörungen (Vorhofflimmern) verstärkt werden kann.

Die Schilddrüse braucht, wie eine Fabrik, bestimmte Stoffstückchen in größeren Mengen um die Schilddrüsenhormone „bauen“ zu können. Sie benötigt in jedem Falle u. a. als Grundbausteine: die Aminosäure Tyrosin und die Mineralien Jod, Eisen und Selen. Gerade diese Stoffe sind aber bei vielen von uns nicht so reichhaltig im Stoffwechsel vertreten.
Tyrosin ist zwar keine essentielle Aminosäure, wir können sie aus Phenylalanin herstellen. Allerdings wird sie in Stresszeiten schnell verbraucht, denn aus Tyrosin entstehen auch die wichtigen Neurotransmitter (Botenstoffe für das Gehirn) Dopamin, Noradrenalin und Adrenalin.
Eisenmangel bei „blutenden“ Frauen ist häufig und auch ohne Periodenblutung ist der gemessene Speicherwert für das Eisen im Blut, das Ferritin, häufig erniedrigt. Dafür gibt es viele Gründe: genetische Disposition, intestinale (mit dem Darm zusammenhängend) Aufnahmestörungen und auch ernährungsbedingte Zusammenhänge (z. B. eine eher vegetarische Kost) spielen hier eine Rolle. Jod ist in Deutschland generell geologisch bedingte Mangelware. Früher war es viel schlimmer, heute ist die allgemeine Versorgung mit Jod durch die Jod-Anreicherung unserer Nahrung schon deutlich besser geworden. T4 steht für vier Jodstückchen, die Teil des Schilddrüsenhormons sind.
Selen ist in Deutschland ebenfalls Mangelware, weil der Boden selenarm sein soll. Ich kann das nicht beurteilen, ich kann von meiner Seite einfach nur bestätigen, dass die Selenspiegel, die ich bei meinen Patienten finde im Schnitt mit 70µg/l eher niedrig-normal sind und um wirklich bei selenabhängigen Proteinen für eine gute Enzymfunktion – die enzymatische Umwandlung von T4 in das aktivere T3 ist selenabhängig – zu sorgen, weiß man, dass der Spiegel im Vollblut mindestens über 120µg/l sein muss, das ist er aber spontan in meiner Praxis nur in ganz wenigen Einzelfällen.

Insgesamt lässt sich festhalten, dass Drüsen, hier in diesem Fall die Schilddrüse, sich funktionell erschöpfen können und man in diesen Fällen therapeutisch etwas unterstützendes biochemisch Stoffliches tun kann. Was genau das ist, muss man mit einem Arzt oder einer Ärztin seines Vertrauens besprechen.