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Nierenschutz – geht das?

Nierenschutz – geht das? Posted on 16. Januar 2020

Ja, denn unsere Nieren sind empfindlich und sie sind dankbar, wenn wir gut auf sie aufpassen.

Man spürt sie nie, dabei schuften unsere Nieren jede Sekunde und jede Minute, 24 Stunden am Tag, egal, ob wir schlafen, laufen, arbeiten oder essen. Immer sind sie fleißig dabei, „online“ unser Blut zu waschen und uns von Schadstoffen zu befreien. Sie werden sehr gut durchblutet, angeblich sollen 1800 Liter Blut täglich die Nieren durchspülen. Da wir ca. 6 Liter Blut im Körper haben, bedeutet das, dass unser Blut 300 Mal am Tag gewaschen wird. Das kann man sich kaum vorstellen. Jede Minute stellen die kleinen gesunden Waschmaschinen (Glomeruli), davon hat jede Niere ca. 1.000.000, 120 ml Primärharn her, das sind knapp 180 Liter Primärurin am Tag, die dann in einem komplizierten Kanalsystem – in den Nierentubuli – zu ca. 2 Liter Endharn wieder konzentriert werden, und nur diese Menge scheiden wir dann täglich aus.

Neben der Aufgabe unseren Körper zu entgiften, sind die Nieren auch sehr wichtig für viele weitere lebensnotwendige Stoffwechselprozesse. Sie überwachen und regulieren unseren Wasser- und Elektrolythaushalt, den Säure-Basen-Haushalt, unseren Blutdruck, unseren Vitamin-D-, Calcium- und Phosphatstoffwechsel, unseren Knochenstoffwechsel, die Rückresorption von Glucose, Aminosäuren und anderen essentiellen Substanzen und sie stellen Hormone her, wie unter anderem das Erythropoietin („Epo“), das die Bildung unserer roten Blutkörperchen im Knochenmark anregt. Früher hatten Patienten an der Dialyse (Nierenersatzverfahren bei terminaler Niereninsuffizienz) immer eine ganz schlimme nierenbedingte Blutarmut (renale Anämie). Seit den 1990er Jahren kann man die Patienten mit fortgeschrittener Niereninsuffizienz und renaler Anämie mit Epo wunderbar auf einen guten Hämoglobinwert einstellen, was eine enorme Verbesserung der Lebensqualität für diese bedeutet.

In Deutschland gibt es ca. 60.000–80.000 Dialysepatienten, von denen die Hälfte älter ist als 65 Jahre. Das bedeutet, dass im Laufe unseres Lebens, vor allem im Alter, und wir werden eben mittlerweile um die 80 Jahre alt, die Nieren irgendwie nicht mehr mitmachen, obwohl der Rest von uns noch ganz gut weiterlebt. Wie kommt das?

Nieren altern schneller

Das liegt daran, dass Nieren in ihrer Struktur empfindlich sind, sie vergessen nichts und wenn sie einmal „verödet“ sind, wie ein altes vertrocknetes Flussbett, dann sind sie auch nicht mehr wiederbelebbar. Sie altern einfach „besser“, als der Rest von uns. Bei Patienten über 70 Jahren steigt das Risiko für eine stark nachlassende Nierenfunktion auf ca. 50 %. Der normale Verfall unserer Nierenfunktion im Alter lässt sich vergleichen mit dem Verlust unserer Sehfähigkeit und unserem Hörvermögen. Auch unsere Augen, unsere Ohren und unsere Haut altern sehr gut. Hier ist es nur nicht so schlimm, denn wir können dann Brillen und Hörgeräte nutzen und was gibt es nicht alles, um Falten verschwinden zu lassen?
Nur bei den alten Nieren ist es ernster, da wir die Funktion von außen nicht mal eben so ersetzen können. Ohne ausreichende Nierenfunktion sterben wir und sobald die Nieren krank sind, wird auch schneller gestorben, dazu gibt es ziemlich viele Studien, die das belegen. Es fehlt dem Körper dann ein wichtiges System um das Leben, mit allem, was eben ist, bewältigen zu können. Vor allem das Herz, aber auch die Leber vermissen im Zusammenspiel des Stoffwechsels die Nieren sehr und als Folge entstehen weitere Probleme.

Wie geht es meinen Nieren?

Wie bestimmt man in der Medizin die Nierenfunktion? Man kann die Nierenfunktion von „draußen“ an zwei Körperflüssigkeiten „ablesen“: dem Urin (Produkt) und dem Blut (das wird gewaschen).
Mit dem Urin ist es leicht. So lange wir jeden Tag über 500 ml Urin ausscheiden, ist erst einmal der nächste Tag „nierensicher“. Der Urin muss „sauber“ sein, also frei von Blut (Erythrozyten), Eiweiß (Protein) und Entzündungszellen (Leukozyten), wobei Ursachen für einen auffälligen Urin auch mit Problemen der Harnleiter, der Blase, der Harnröhre, der Prostata und der Scheide zusammenhängen können. An diesem „Urin-Flusslauf“ liegen die Fachgebiete der Nephrologie, der Urologie, der Gynäkologie und manchmal auch der Dermatologie. Der Urin ist jedoch für den Beginn einer Nierenfunktionsstörung bisher noch kein gutes Untersuchungsorgan, an Biomarkern für eine akute Nierenschädigung (z. B. im Rahmen einer OP mit Blutverlust) wird gerade viel geforscht.

Will man aber früher wissen, ob es den Nieren gut geht, bestimmt man im Blut etwas, was nur über die Nieren in den Glomeruli rausgewaschen wird: das Kreatinin, ein Eiweiß aus dem Stoffwechsel des Muskels. Mit diesem „Krea-Wert“ und mithilfe einer Formel, in der das Alter und das Geschlecht miteinfließen, wird dann automatisch im Labor die glomeruläre Filtrationsrate berechnet, kurz: GFR. Eine gesunde GFR beträgt 90–120ml/min. Man geht davon aus, dass im Alter alle 10 Jahre die Nierenfunktion um ca. 10ml/min abnimmt. Aber keine Sorge, die Nieren haben einen langen Atem, erst wenn die GFR kleiner 10ml/min beträgt, ist der Mensch auf ein Nierenersatzverfahren angewiesen.

Das Geheimnnis Kreatinin und Cystatin C

Hier eine „geheime“ Info, denn das wissen die meisten nicht: Der Kreatininwert im Blutserum ist sehr lange normal. Wenn er erst einmal über die vom Labor genannte obere Grenze gestiegen ist, bedeutet das, dass 75 % der Nierenglomeruli beider Nieren schon „weg“ sind. 75 %, also eine und eine halbe Niere, „schlafen“ schon und erst dann steigt das Kreatinin im Blut. Das wissen viele Menschen nicht und manchen Ärzten ist es auch nicht so bewusst. Man kann also, wenn man zwei gesunde Nieren hat, eine verlieren oder spenden und die Nierenwerte im Blut bleiben unverändert gut und niedrig. Erst, wenn von der verbliebenen einen Niere nochmal 50 % der Nierenfunktion verloren geht, steigt das Kreatinin im Blut über den oberen Grenzwert hinaus an. Das bedeutet, dass schon sehr viel Nierengewebe geschädigt ist, wenn die Nierenwerte erhöht sind. Und noch etwas: Das Kreatinin ist muskelabhängig, da Kreatinin ein Eiweiß ist, das aus dem Muskel kommt und zu fast 100 % in den Glomeruli rausgewaschen wird. Das bedeutet, ein 2 Meter großer junger 100-kg-Muskelmann kann mit seinem Kreatininwert ganz normal knapp über dem oberen Referenzwert sein und alles ist gut; aber die kleine Oma – 1,50 m, 45 kg, ohne Muskeln – kann schwer nierenkrank sein mit Kreatininwerten in der oberen Norm. Man muss also den Kreatininwert immer im Verhältnis zum Patienten und dessen Zustand sehen, die Zahl alleine reicht oft nicht, um eine endgültige Bewertung zu geben. Es gibt noch einen zweiten, nicht so bekannten Nieren-Wert, der sich manchmal lohnt, im Blut zu bestimmen, das ist das Cystatin C. Das Cystatin C ist muskelunabhängig und kann nur manchmal bei Entzündungen fälschlich etwas erhöht sein. In meiner Erfahrung ist das Cystatin C der aussagekräftigere Wert. Wenn dieser Wert erhöht ist, stimmt mit der Nierenfunktion mit großer Wahrscheinlichkeit etwas nicht.

Denkt man bezüglich der Nieren präventiv, gilt es ab spätestens dem 50. Lebensjahr jedes kleine Glomerulum, also jede kleine „Waschmaschine“, die noch Lust und Kraft hat zu bleiben, zu unterstützen und zu päppeln. Wie das geht, erfahren Sie nächsten Monat im Blog „Nierenschutz – was ist zu tun?“