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HPU – die geheimnisvolle Krankheit!?

HPU – die geheimnisvolle Krankheit!? Posted on 29. August 2018

„Ich habe HPU …“ Ein Satz, den ich oft höre. Was hat es auf sich mit dieser geheimnisvollen Krankheit, die für sehr viele komische Symptome verantwortlich gemacht wird und für die es in der klassischen Medizin keine Behandlung zu finden gibt?

Als ich vor vielen Jahren das erste Mal von HPU hörte, und nachdem ich auch das Buch von Dr. Kamsteeg „HPU und dann?“ gelesen hatte, dachte ich, dass ich endlich die Lösung für zahlreiche unklare Probleme meiner Patientinnen und Patienten gefunden hätte. So vieles, was ich zuvor nicht zusammenbringen konnte, fand sich plötzlich gesammelt in diesem Buch wieder: die Hashimoto-Thyreoiditis, die Histaminintoleranz, Stressempfindlichkeit, Erschöpfung, Zyklusstörungen, psychosomatische Störungen und vieles andere, was ich täglich in meiner Praxis beobachten und mir mit meinem bisherigen internistischen Wissen nicht wirklich erklären konnte. Es sollte therapeutisch dann ganz leicht sein, das alles zu behandeln: Einfach Mangan, Zink und aktives Vitamin B6 geben und dann ist alles gut. Pustekuchen, so einfach war es dann leider überhaupt nicht.

Aber trotzdem ist HPU – ausgesprochen Hämpyrrollactamurie – aus meiner Sicht etwas ganz Wichtiges, ein Schlüsselbaustein im Gefüge um das Wissen um die Funktion des Stoffwechsels.
HPU hat mich gelehrt, dass Stress (egal ob emotional, geistig oder physisch bedingt) etwas ist, was eine körperliche Reaktion und Verbrauchsantwort zur Folge hat, auch wenn der Auslöser „nur“ ein emotionaler Konflikt ist. Stress muss „entgiftet“ werden. Das bedeutet, dass Stress genauso wie ein Infekt oder eine Operation den Körper belastet und richtig krank machen kann, vor allem wenn der Stress chronisch ist. Wenn jemand also über zu viel Stress klagt und sich krank fühlt, ist er oder sie kein Hypochonder. Dieser Stress ist im Labor mit verschiedenen Parametern messbar (unter anderem mit einem stark positiven HPU-Test) und deswegen ist es nicht nur wichtig, die stressauslösenden Umstände zu verändern (oft geht das gar nicht), sondern es ist auch wichtig, sich um den Körper der Betroffenen und seine biochemische zelluläre Regulationsfähigkeit zu kümmern.

Manche Menschen reagieren unter anderem genetisch bedingt auf Stress in besonderem Maße mit einer heftigen Reaktion des Stoffwechsels und diese „Stoff verbrauchende“ Antwort muss man sich, vor allem wenn der Stress dauerhaft ist, leisten können. Das kann nicht jeder gleich.
Im Rahmen von Stress verbraucht der Körper genauso wie beim Sport oder bei der Verdauung in den Zellen und den Mitochondrien viele Mikronährstoffe und ab einem bestimmten Zeitpunkt ist dieser Bedarf allein mit gesunder Nahrung, was auch immer darunter verstanden wird, nicht mehr auszugleichen. Der Mensch fühlt sich dann krank und beklagt verschiedene Funktionsstörungen, ohne, dass objektiv nachweisbare Organkrankheiten vorliegen. Vor allem hochsensible Menschen haben hohe Werte im HPU-Test (www.keac.nl). Sie sind besonders betroffen, wenn unter oder nach Stress der Körper nicht mehr genügend seiner biochemischen Bausteine hat, um sich „aufzuräumen“.
Mein Eindruck ist, dass die sogenannte Hochsensibilität eine stoffliche, unter anderem genetische Ursache hat und nicht allein durch ungünstiges Verhalten bedingt ist. Es ist so wie eine weiße Hautfarbe: mit ihr hat es ein Mensch genetisch bedingt schwerer, mit einer erhöhten Sonnenexposition keinen Sonnenbrand zu entwickeln. Keine Psychotherapie der Welt vermag die Dauer der Zeit, bis die Haut sich rötet, zu verlängern. Aber Sonnenschutzmittel und ein T-Shirt helfen gut, länger unbeschadet in der Sonne bleiben zu können. Hochsensible Menschen, die einen gut aufgefüllten Stoffwechsel haben mit einer guten Zellregulation, können mithilfe von Mikronährstoffen besser Stress verkraften ohne zu leiden.

Übrigens ist HPU meiner Erfahrung nach nicht selten, sondern häufig. Vielleicht weist es sogar jeder Körper auf, aber nicht jeder leidet darunter aus den oben genannten Gründen. In meiner Praxis haben 90 % aller Patienten, die kommen, einen positiven Test und die wenigen, bei denen der Test negativ ist, könnten durchaus auch HPU haben, denn nur weil man keine Pyrrole über den Urin ausscheidet, heißt das nicht, das man es nicht könnte. Vielleicht ist der HPU-Test negativ, weil momentan keine Mineralien für die Entgiftung der Pyrrol-Komplexe zur Verfügung stehen oder weil gerade kein nennenswerter Stress vorliegt.

Es bleiben noch sehr viele Fragen offen. Leider gibt es zu HPU keine Forschung, obwohl HPU sogar an eine schon bekannte genetisch bedingte Krankheit in der Inneren Medizin erinnert, die Porphyrie. Auch hier kommt es im Rahmen von unterschiedlichem Stress oder nach Einnahme bestimmter Medikamente zu sogenannten Schüben, die klinisch sehr unterschiedlich aussehen können.
Ich erinnere mich an eine Patientin in der Klinik. Sie beklagte so komische Beschwerden, die kamen und gingen ohne Systematik. Schlimmste Bauchschmerzen, psychische Symptome, unterschiedlichste Funktionsstörungen. In jedem Nachtdienst wurden wir diensthabende Ärzte mehrfach von den verzweifelten Schwestern gerufen. Die Schmerzen der Patientin waren nur mit den stärksten Schmerzmitteln zu lindern.
Bevor die Diagnose stand, dachten wir alle, sie macht das absichtlich, um starke Schmerzmittel zu bekommen, es sei psychosomatisch, was weiß ich, aber die arme Frau konnte gar nichts für die Beschwerden, ihr Stoffwechsel war krank. Als man endlich wusste, was sie hat, konnte man sie zwar nicht heilen, aber allein, dass sie sich ernst genommen fühlte und man ihr bezüglich der auslösenden Stressfaktoren viel Wissen in die Hand geben konnte, um ihre Anfälle zu vermeiden, machte sie schon glücklich.

So geht es auch vielen hochsensiblen Patienten mit positiven HPU-Testergebnissen, sie werden nicht ernst genommen. Man glaubt ihnen nicht, dass es etwas Körperliches ist. Ich hoffe, dass sich das in den nächsten Jahren ändern wird.