Knochenschutz & Gefäßschutz bedeuten Prävention für die Organe, Teil 2
Knapp und deutlich: Wenn Sie im Alter fit bleiben wollen, kümmern Sie sich früh und spezifisch individuell um die Gesundheit Ihrer Gefäße. Sehr vieles, was Sie im Alter nicht haben möchten, können Sie verhindern, wenn Sie sich neben dem Knochenschutz aktiv, ggf. auch medikamentös, um den Schutz Ihrer arteriellen Gefäße kümmern.
Es ist elementar, dass die Gefäße – und damit sind in erster Linie die Arterien gemeint, nicht die Venen – zu Lebzeiten nicht verkalken. Arterien bringen sauerstoffreiches Blut von Herz und Lunge zu den Organen, Venen bringen das sauerstoffarme Blut wieder zurück zu Herz und Lunge. Medizinisch nochmal anders formuliert: Sie dürfen keine Arteriosklerose oder Vasosklerose mit Plaques (Verdickungen) an den Innenseiten der arteriellen Gefäßwand (Intima) entwickeln. Das Risiko, diese Arteriosklerose zu entwickeln ist, zum einen genetisch und zum anderen epigenetisch bedingt.
Genetisch bedeutet, dass es angeborene Risikofaktoren im Stoffwechsel gibt, die die Entstehung der Arterienverkalkung wahrscheinlich machen. Epigenetisch bedeutet, dass es Umstände gibt, zum Beispiel in Ihrem Verhalten (Rauchen ist da als wichtigste Ursache zu nennen), die die Entstehung von Gefäßverkalkung und damit Durchblutungsstörungen begünstigen. Die Folgen von diesen Durchblutungsstörungen sind u. a. Impotenz, Verlust der Sinne (Augen und Ohren), Herzinfarkt, Herzschwäche, Nierenschwäche bis zur Dialyse, Schlafanfall und Demenz. Sogenannte thromboembolische Ereignisse, also Ereignisse wie ein Herzinfarkt, wo sich ein Thrombus (Blutgerinnsel) in den verkalkten Arterien bildet, abflutscht und etwas „tiefer“ den Durchfluss verstopft, sind unsere Haupttodesursache, aber auch eine Ursache für 10 Jahre viel Leid mit Pflegebedürftigkeit vor dem Tod.
Wichtig ist allen voran ein gesundes Verhalten mit gesunder Ernährung, nicht rauchen, wenig/kein Alkohol, kein Übergewicht und Bewegung bzw. Sport (Big Five). Es ist nie zu spät, damit anzufangen und mit dem Rauchen und zu viel Wein aufzuhören. Alles, was Sie Gutes machen, bringt etwas.
Auch wichtig: Bitte einen zu hohen Blutdruck ernstnehmen und wenn Sie es in 6 Monaten nicht schaffen, diesen wie auch immer „natürlich“ zu senken, bitte nehmen Sie blutdrucksenkende Tabletten ein, eine kleine Dosis, zum Beispiel 1x am Tag morgens 4 oder 8 mg Candesartan. Das schadet nicht, das schützt sogar die Nieren, vergessen Sie diese Angst vor Nebenwirkungen, fürchten Sie sich mehr vor dem was passiert, wenn Sie bei Bluthochdruck nichts tun. Gesund und jung ist ein Blutdruck von 110/70 mmHg, maximal in Ruhe 120/80 mmHg. Alles darüber ist schon nicht mehr gesund. Gewöhnen Sie Ihre Gefäße gar nicht erst an 140/85 mmHg. Senken Sie den Blutdruck, dann schlafen Sie auch besser. Sowieso ist ein guter Schlaf ganz bedeutsam, vor allem für das Gehirn, aber das ist ein anderes Thema. Vielleicht nur eins: Schnarchen ist gar nicht gesund. Kümmern Sie sich darum, das loszuwerden und lassen Sie Atempausen (Schlafapnoe) in der Nacht ausschließen.
Ergänzend zum Verhalten und zur Blutdrucksenkung ist es unabdingbar, dass Sie durch Labordiagnostik erkennen und erfahren, welche vaskulären, also Gefäß-Risikofaktoren Sie von Ihren Vorfahren vererbt bekommen haben. Sie müssen wissen, welche Krankwerte in Ihrem Blut-/Stoffwechsel zu hoch sind, oder welche dabei sind zu steigen, um dann da spezifisch und persönlich eingreifen zu können. Manche Werte, wie z. B. das Lipoprotein (a) sind genetisch bedingt erhöht und kein gesundes Verhalten kann dieses positive Lipo(a) und damit seine potenzielle Auswirkung auf die Gefäße reduzieren. Es leidet nicht jede/jeder sofort darunter, aber Sie müssen prüfen und objektivieren, zu welcher Gruppe Sie gehören: Glück oder Pech.
Wichtige Laborwerte für die Gefäße
Um die Gefäße und damit Ihre Selbstständigkeit, sicher langfristig bis in die 90er zu schützen, müssen Sie also dafür sorgen, dass diese Gefäß-Krankwerte lebenslang möglichst niedrig sind:
1. Das eher ungünstige LDL-Cholesterin muss auch beim Älterwerden am besten unter 100 mg/dl bleiben. Bei manchen Frauen, die sonst gar nichts haben, können die LDL-Werte auch 130–160 mg/dl sein, ohne dass dies Auswirkungen auf die Gefäße hat, aber das sind die Ausnahmen. Lassen Sie sich auch nicht das hohe LDL schönreden durch ein gutes HDL. Manchmal reicht auch ein gutes HDL nicht, die Arteriosklerose zu verhindern, es hängt auch davon ab, wie alt Sie werden. Wenn wir alle mit 60 sterben würden, wäre mein Blog hier unwichtig, aber statistisch werden wir eben alt (80+) und chronisch krank. 60 % der 60-Jährigen sind jetzt schon chronisch krank.
2. Wenn das LDL > 130 mg/dl ist, lassen Sie prüfen, wie Ihr LDL zusammengesetzt ist, denn es gibt große LDLs (LDL 1 und 2) und kleine LDLs (small LDL 3–7). LDL 3–7 sind „gefährlicher“, da sie mit einem höheren Risiko für Arteriosklerose einhergehen. Oft liegt dann ein Metabolisches Syndrom vor. Das beinhaltet eine genetische Disposition zum „Apfel-Menschen“ (dicker praller Bauch) mit einer Ansammlung von vaskulären Risikofaktoren (Bluthochdruck, Fettstoffwechselstörung, Insulinresistenz, Fettleber, hohe Harnsäure, Diabetes mellitus, hohes Risiko für Herzinfarkt & Co). Hier sind die Big Five echt wichtig, aber auch unterstützend dazu Medikamente, wenn die Krankwerte nicht sinken.
3. Ergänzend zum LDL ist noch das ApoB ein interessanter Wert, er darf auch nicht hoch sein. Gut sind ApoB-Werte von < 70-80 mg/dl.
4. Auch sogenannte Triglyceride, eine andere Art von Fettpartikeln im Blut, sollten nicht erhöht sein.
5. Lassen Sie einmal in Ihrem Leben überprüfen, ob Sie genetisch bedingt, ein positives Lipoprotein (a) haben. Wenn das der Fall ist, müssen Ihr LDL und Ihr ApoB niedrig sein. Je nach Risikoprofil, vielleicht sogar < 50-55 mg/dl. Noch gibt es kein Medikament, das das Lipo(a) senkt, das ist aber in der Pipeline und wird kommen.
6. Ergänzend zum LDL, ApoB und Lipo(a) ist auch das Lp-PLA2 ein sehr interessanter Wert, den viele noch nicht kennen. Je höher dieses Lp-PLA2 ist, desto mehr Entzündung in der inneren Schicht der Arterienwände gibt es. Dieser Wert sollte gesund lebenslang < 400 U/l sein. Wenn das Lipo(a) positiv ist und/oder Sie schon mal einen Herzinfarkt hatten, sollte das Lp-PLA2 sogar noch niedriger sein. Das Lp-PLA2 ist ein Gefäß-Entzündungswert, der auch Vitamin-K2-abhängig ist. Deswegen sollte u. a. zum Gefäßschutz das untercarboxilierte Osteocalcin (ucOC) – ein Biomarker, der ansteigt, wenn K2 fehlt – lebenslang niedrig sein.
7. Wenn Sie ein LDL von > 160 mg/dl mit einem Lp-PLA2 von > 600 U/l mit dann noch einem leicht erhöhten CRP von 2 mg/l (= Mini-Entzündung/silent inflammation) haben, müssen Sie cholesterinsenkende Medikamente nehmen, um das LDL-Cholesterin zu senken. Bitte jetzt nicht schimpfen, versuchen Sie mit Ernährung und Sport – was auch immer – das LDL natürlich herunterzubekommen, aber manchmal ist das genetisch bedingt unmöglich.
8. Wenn Sie einen oder mehrere Risikofaktoren haben, machen Sie zur Beurteilung der Gefäßsituation eine FKDS (Ultraschall) der Halsschlagadern (Carotiden). Sie müssen objektivieren, ob Sie Zeit haben, Medikamente nicht zu nutzen. Wenn da auch nur eine Mini-Plaque mit Verdickung der Intima (Gefäßinnenwand) zu sehen ist und Sie präventiv das Fortschreiten verlangsamen oder stoppen wollen, müssen Sie mit der LDL-Senkung anfangen, wenn Sie statistisch noch mehr als 20 Jahre Lebenserwartung haben. Wenn Sie ein Mann sind, ein hohes Risikoprofil haben, vielleicht auch geraucht haben und Ihre Vorfahren früher an Herzinfarkt verstorben sind, kann es auch Sinn machen 1x ein Kardio-CT machen zu lassen. Das ist zwar eine Strahlenbelastung und präventiv auch nicht unbedingt eine Kassenleistung, aber man kann hier ohne Herzkatheter, völlig unblutig erkennen, ob Sie eine relevante KHK (Koronare Herzerkrankungen) haben oder nicht. Ich will einfach nur, dass Sie wissen, dass es das gibt. Ich weiß, dass die Umsetzung oft schwer ist.
9. Neben Blutdruck und Fettstoffwechsel ist auch ein gestörter Zuckerstoffwechsel ein Risikofaktor für Arteriosklerose: Allen voran der Diabetes mellitus (Zuckerkrankheit). Diese Störung ist Jahrzehnte vorher im Labor abzulesen, ob Sie dafür ein Risiko haben oder nicht. Der Typ 2 Diabetes mellitus fällt nicht vom Himmel, der entsteht über 2–4 Jahrzehnte! Das HbA1c (das ist der Langzeit-Zuckerwert) muss < 5,8 % sein, auch wenn es die Diagnose Diabetes mellitus erst ab einem Wert von 6,5 % gibt, ist alles über 5,7 % schon richtig gestört im Sinne eines Prä-Diabetes.
10. Ein weiterer Wert, der HOMA-Index, sollte unter 2,0 (max. 2,5) sein. Je höher dieser Quotient aus Nüchtern-Zucker und Nüchtern-Insulin ist, desto mehr liegt eine Insulinresistenz vor, gar nicht gut.
11. Etwas unterschätzt, aber auch für gesunde Arterien wichtig: Die Harnsäure soll bei Männern < 6 mg/dl und bei Frauen < 5 mg/dl sein. Je höher, desto mehr leiden Gelenke und Nieren (Gicht), aber eben auch die Arterienwände.
12. Ganz wichtig: Das Homocystein muss lebenslang < 10 μmol/l oder noch besser um 7 μmol/l sein. Je höher das Homocystein ist, desto mehr steigt das Risiko für Entzündung, Thrombose und Demenz an.
13. Arteriosklerose hat auch etwas zu tun mit dem Vorhandensein von oxidativem Stress. Die Marker dafür, MDA-LDL und das oxidierte LDL, sollten am besten negativ sein.
14. Wichtige Gesundmach- und Schlüsselwerte, die helfen, die Gefäße zu beschützen, sind B-Vitamine (vor allem B12, B6, B9, Biotin, B2 und B1), Vitamin C, Vitamin E, Glutathion, Q10, Omega-3-Index, 25-OH-Vitamin D (mit D-Ratio von < 1,0), freies 25-OH-Vitamin D, Bor, im Vollblut: Selen, Zink, Magnesium und Molybdän, Calcium, Melatonin, Progesteron, Estradiol, DHEA, Testosteron, Cortisol, fT3 und fT4. Auch hier gibt es therapeutische Zielwerte. Dazu habe ich ausführlich in meinem zweiten, blauen Buch, dem Praxisleitfaden, geschrieben.
Zusammengefasst: Behandeln Sie einen erhöhten Blutdruck, rauchen Sie am besten NIE oder hören Sie heute auf und lassen Sie ergänzend zum gesunden Verhalten (Ernährung/Sport) bitte innen drin im Blut überprüfen, ob auch wirklich Ihr Stoffwechsel unter Ihrem Verhalten gesund genug ist und bleibt, um Ihre Gefäße bis ins hohe Alter in Ruhe zu lassen. Bitte behandeln Sie einen nicht gesunden Fett-, Zucker- und Harnsäurestoffwechsel, vor allem, wenn Ihr Verhalten eben nicht perfekt ist und zusätzlich auch noch chronische Entzündung und oxidativer Stress – warum auch immer – eine Rolle spielen. Um krankhafte Veränderungen an den Arterien zu verhindern ist es wichtig, dass unter Therapie – welche auch immer – die therapeutischen gesunden Ziel-Zahlen auch wirklich erreicht werden, sonst bringt die Therapie nicht den gesunden, schützenden und damit präventiven Erfolg für Ihre Organe, den Sie sich für Ihre Zukunft wünschen.
Ihre HOB*